28.08.2025
Wie lernst du Sorbisch? // Kak wuknjoš ty serbski?
Unsere Projektmitarbeiterin Sophie Rädel erforscht im Rahmen ihrer Doktorarbeit, wie und unter welchen Bedingungen Erwachsene die sorbische/wendische Sprache erlernen und anwenden. Um ihre Forschung zu unterstützen, bittet sie darum, an ihrer Umfrage teilzunehmen. Es werden Fragen zum eigenen Sprachstand, Lernverhalten und der eigenen Zielsetzung gestellt.
"Je mehr Menschen sich an der Forschung beteiligen, umso aussagekräftiger ist am Ende das Bild, dass ich von der besonderen Situation bei uns in der Niederlausitz in meiner Dissertation zeichnen kann. Ich freue mich daher über jede und jeden, die sich die Zeit nehmen, meine Arbeit durch ihre Teilnahme und das Weiterleiten an weitere passende Personen zu unterstützen. Herzlichen Dank für Ihre Mithilfe!"
(Sophie Rädel)
Die Umfrage:
- richtet sich an Sorbisch-/Wendischlernende über 18 Jahre
- ist anonym und die Daten werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet
- dauert etwa 10 bis 15 Minuten
- läuft bis zum 30.09.2025
- beinhaltet eine Verlosung für drei Gutscheine für die LODKA
Link zur Umfrage:
Deutsche Version: https://umfragen.serbski-institut.de/index.php?r=survey/index&sid=534145&lang=de-informal
Serbska wersija: https://umfragen.serbski-institut.de/index.php?r=survey/index&sid=534145&lang=sorb
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Warum ist es wichtig zu erfahren, wie Erwachsene Niedersorbisch lernen?
-Serbska krotkowersija slědujucego teksta namakajoš w Nowem Casniku, wudaśe 35 wót 28. awgusta 2025-
Wer schon einmal eine Sprache gelernt hat, weiß, dass es meist ein langer Prozess ist, bis man halbwegs in der Lage ist, sich mit anderen zu verständigen. Diese Erfahrung habe auch ich gemacht, als ich 2022 direkt nach meinem Studium begonnen habe, am Sorbischen Institut zu arbeiten. In meinem Arbeitsschwerpunkt “Sprachrevitalisierung” habe ich mir zunächst einen Überblick verschafft, was in den letzten Jahrzehnten in der Lausitz, aber auch in anderen Minderheitenregionen die Revitalisierungsstrategien und -maßnahmen waren. Mein besonderes Interesse gilt dabei der Sprachlehr- und -lernforschung. Welche Bedingungen sorgen dafür, dass man ausdauernd und motiviert eine Sprache erlernt, solange, bis man sie in vielen Lebensbereichen nutzen kann?
Was das Sorbischlernen angeht wurde sowohl in der Nieder- als auch in der Oberlausitz seit Beginn von Revitalisierungsbemühungen ein Fokus auf die sprachliche Bildung von Kindern und Jugendlichen gelegt. Doch oftmals sind diese Kinder und Jugendlichen - selbst wenn sie sich gut auf Sorbisch verständigen können – wenig mit anderen Sprechenden vernetzt. Das führt letztlich dazu, dass ein Großteil der ausgebildeten Kinder und Jugendlichen nicht als Kommunikationspartner für andere Sprecher:innen zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass eine nicht unwesentliche Zahl, gerade der Abiturientinnen, die Lausitz für Ausbildung oder Studium zeitweise oder sogar dauerhaft verlässt. Das kann man den Kindern und Jugendlichen nicht vorhalten – es sollte aber eine Rolle bei der Fokussetzung für die Spracherwerbsplanung spielen.
Wir sind in der glücklichen Situation, dass trotz sinkender Gesamtschüler:innenzahl die Zahl der Teilnehmenden am Sorbischunterricht weitestgehend konstant bleibt. Doch bis spätestens 2033 werden ca. 40 Sorbischlehrkräfte – das ist fast die Hälfte aller im Land Brandenburg beschäftigten Sorbischlehrkräfte – in den Ruhestand gehen. Diese Lücke mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften zu füllen, scheint derzeit unrealistisch. Auch in den sorbischen Institutionen werden früher oder später Stellen nachzubesetzen sein und trotz Projekten wie Zorja werden Lücken entstehen, die mittelfrisitg nur durch Erwachsene abgedeckt werden können.
Jenseits des Bedarfes an Arbeitskräften mit Sorbischkenntnissen sind erwachsene Neusprecher:innen auch der Treiber der Revitalisierung. Dass in Familien die sorbische Sprache zunehmend wieder ein Zuhause als Familiensprache bekommt, ist ein positives Beispiel dafür. Und nicht zuletzt liegt es an den Erwachsenen den Kindern vorzuleben, dass die sorbische Sprache außerhalb des Schulunterrichts lebendig ist und in ganz verschiedenen Kontexten genutzt wird.
Beginnt eine erwachsene Person, (wieder) Sorbisch zu lernen, so tut sie das oftmals sehr bewusst und mit einem konkreten Ziel. Für den Sprachlernprozess, der häufig einen langen Atem erfordert, muss explizit Zeit zwischen Erwerbsarbeit, Verantwortung für andere Menschen, Ehrenamt und Hobbies freigeschaufelt werden. Die meisten Menschen lernen nicht “einfach mal so nebenbei” eine Sprache, sondern machen stetige Erfahrungen des Sich-Bemühens, des Scheiterns und Wiederaufstehens. Für eine kleine Sprache wie Niedersorbisch gilt das umso mehr, kann man doch nicht einfach wie bei den größeren Sprachen eine Netflix-Serie nach der anderen schauen oder eine zeitlang an einem Ort leben, an dem die Sprache die Umgangssprache ist.
Wie aber lernt man dann eine solche Sprache? Es gibt wenige Forschungsarbeiten, die sich mit erwachsenen Lerner:innen beschäftigen und von diesen wenigen nur ein Bruchteil für sogenannte “LOTEs” (“languages other than english”). Als zusätzliche Besonderheit kommt in der Niederlausitz hinzu: Die Lernenden lernen größtenteils von anderen Lernenden und nicht von Erstsprecher:innen. Diese massive Lücke in der Forschungsliteratur und meine eigenen Erfahrungen mit den Herausforderungen des Sorbischlernens haben mich dazu bewegt, meine Dissertation und einen Großteil meiner Zeit diesem Thema zu widmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass uns ein besseres Verständnis davon, wo, womit, wann, wozu und aus welchen Gründen Erwachsene Niedersorbisch lernen, bei der Revitalisierung der Sprache helfen kann. Bestehende Maßnahmen können so an die Bedarfe der Lernenden angepasst werden und gegebenenfalls können sogar weitere Lernmöglichkeiten geschaffen werden.